Donnerstag, 12. Dezember 2013

Land unter

Es ist nicht einmal 2 Wochen her, dass wir noch im T-Shirt zur Uni gefahren sind. 20° waren es da mindestens noch. Doch seit ein paar Tagen sieht es hier ein bisschen anders aus, denn der Winter ist angekommen.
Ja, auch im Nahen Osten gibt es Winter und Temperaturen wenig über 0°. Aber nicht nur das, sondern auch massig Regen und sogar Schnee.
Angefangen hat es mit etwas Regen, bei dem ich leider feststellen musste, dass mein Fenster nicht ganz dicht ist. An zwei stellen sickert Wasser durch. Hört sich vielleicht schlimm an, aber so ist das hier halt. Und so viel ist es nun auch nicht. Immernoch besser als bei einigen anderen aus unserem Programm, wo z.T. das halbe Zimmer unter Wasser steht, weil der Regen schlicht die Wand runter läuft und man morgens erstmal eine Runde baden gehen kann, bevor man den Siff versucht auf zu wischen.
Zum Glück ist unser Vermieter ziemlich auf zack und hat das eine Loch bei meinem Fenster mit ein paar Handgriffen geschlossen, doch das andere kann erst gemacht werden, wenn es wieder trockener ist, da sonst das Silikon - zum abdichten - nicht hält.
Auf den Straßen bilden sich kleine Bäche und große Pfützen. Das Wasser fließt - wenn überhaupt - nur schlecht ab und ich erinnere mich an meinen Erdkunde Leistungskurs, wo wir über "Flächenversiegelung" gesprochen haben. Auf deutsch: Dadurch, dass überall Asphalt und ähnliches auf dem Boden liegt, kann das Wasser logischerweise nicht einfach in den Boden einsickern, was es ohne den Asphalt tun würde. Dazu kommt noch das Problem, dass ich bisher nur wenige Gullis entdeckt habe, die das Wasser aufnehmen könnten. Aber wie es so schön heißt: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung.


Eines der wenigen Exemplare "Gulli"

Nun gut, soviel zum Regen. Anders als in Deutschland gibt es hier jedoch noch ein weiteres, für uns eher ungewöhnliches Problem: Keine Heizungen. Oder zumindest bei den meisten von uns nicht. Die ersten sehen ihren eigenen Atem in der Wohnung. Kein Spaß! Zwar gibt es Heizstrahler oder Heizkörper, die über die Steckdose funktionieren, aber die sind mehr oder weniger effektiv und verbrauchen einiges an Energie.
Warum man keine Heizungen hat? Nun ja, es gibt Wohnungen, da habe ich schon welche gesichtet, aber ich vermute, dass es einfach als nicht so wichtig angesehen wird. Viele können ihre Klimaanlage so einstellen, dass sie heizen oder haben eben Heizstrahler, wie Matze und ich. Und vor allem ist ja in etwa 2 Monaten wieder alles vorbei. Nachts, wenn es wirklich kalt ist (in Jerusalem z.T. auch leicht unter Null), liegt man ja unter einer Decke (oder unter mehreren in einem Schlafsack) und tagsüber kann man sich ja entsprechend anziehen.
So ganz klar ist es mir nicht, warum es so ist. Aber so ist es halt. Ach so, die Häuser sind zudem nicht so isoliert, wie in Deutschland.
Die Lebensrettung: Heizstrahler
Kommen wir nun zu heute, oder besser erst zu gestern Abend. Da bekamen wir nämlich eine Mail von der Uni, dass wir uns gefasst machen sollen auf das Wetter, was kommen wird und uns möglichst für die nächsten Tage schonmal einkaufen sollen. Wieder keine Spaß! (Hier in englisch: "We recommend that you dress appropriately and purchase food today for the next few days.") Aber gleichzeitig hieß es, dass morgen die Uni stattfindet, trotz möglichen Schnees.
Nun gut, wir nahmen es nicht so ernst und dachten uns, wir sind aus Deutschland, wir kennen schlimmeres. Heute morgen wachte ich auf und es hatte tatsächlich geschneit. Nun gut, ich ging also zur Uni. In Straßenbahn und Bus sitzend musste ich lange grinsen, denn das bisschen Schnee hatte dafür gesorgt, dass kaum jemand unterwegs war. Ein paar Eltern mit Kindern sah man, alle am grinsen und sich über den Schnee freuend.
Bei der Uni angekommen wurde schnell klar, dass doch alles ausfällt. Esther, Christoph und ich tranken noch einen Tee/Kaffee zusammen und quatschten ein bisschen. Dann wollte ich eigentlich noch in die Bib und lernen, doch sie hatte ebenfalls geschlossen - als ich ankam war sie aber noch offen. Nun gut. Fix noch ein Foto von einer Palme im Schnee und ab nach Hause. Wir nahmen den letzten Bus (es gab extra Leute, die alle aus den Gebäuden schmissen, damit man überhaupt noch weg kommt) und ab gings.
Wer jetzt denkt, dass hier ein Schneesturm mit einem halben Meter Neuschnee gewütet hat, der liegt falsch. Man muss immer bedenken, dass man hier einfach keinen Schnee gewohnt ist. Zwar gibt es jedes Jahr Schnee, doch meistens nur auf dem Hermon, wo man sogar Skifahren kann und nicht in Jerusalem oder Umgebung (obwohl es letztes Jahr auch welchen gab). Niemand wird hier Winterreifen haben und ich habe weder Schneeschippen noch richtige Räumfahrzeuge gesehen, nur Bagger und anderes Gerät, was als solches aushelfen sollte.
Warum auch, ist ja bald wieder vorbei.
besagte Palme mit Schnee


Viele Läden hatten heute wirklich zu - die Warnung der Uni war also nicht ganz unberechtigt.
Zuflucht bei Johannes. Mit leckeren Keksen von seiner Oma und Tee.

Große, eklige Suppe, da schon wieder alles schmilzt.


Samstag, 23. November 2013

Regen in der Wüste

Nach viel Besuch und 7wöchiger Bloggerabstinenz bin ich nun endlich mal wieder dabei etwas zu schreiben.

Vom 31.10.-07.11. war zunächst Ingo zu Beusch. Wir kenne uns aus Wuppertal. Er war dort im Pastoralkolleg, während ich dort studierte. (Vielen Dank an Florian und Holger für die Grüße.)
Dann kam Jana vom 07.11.-18.11. und zu guter letzt hatten wir noch einen spontan Gast, Christina, die über Umwege an uns gekommen ist und dann zwei Nächte, vom 19.-21.11., hier geschlafen hat.

Zusammen mit Johanna, Johannes, Susanne und Matze, sind Ingo und ich für 2 Tage in die Wüste gefahren. Am 02. November ging es morgens los in Richtung Mitzpe Ramon, mitten im Negev, also der Wüste im Süden Israels. Gemeinsam quetschten wir uns mit unserem Gepäck in ein Auto für angeblich 7 Leute, wobei jedoch die hintere beiden Sitze im Kofferraum waren.
Darunter musste dann Matze (übrigens mein Mitbewohner) leiden und im "Kofferraum" platz nehmen.









Erster halt (nach der Tankstelle): Das Kibbuz, in dem David Ben-Gurion, der erste Ministerpräsident Israels, lange lebte. Ihm war es ausgesprochen wichtig im Unabhängigkeitskrieg '48 den Negev zu halten. Wenn der Negev nicht gehalten werden kann, dann auch nicht Tel Aviv. Außerdem hatte er die Vision, den Negev als landwirtschaftliche Fläche nutzbar zu machen. (Wo auch immer er das Wasser herhaben wollte.)
Nachdem er zum ersten Mal aus der Politik ausgeschieden war, zog er gemeinsam mit seiner Frau in das Kibbuz und halfen dabei einen Ort aus dem Nichts heraus aufzubauen. Irgendwann ging er ein zweites Mal in die Politik bzw. man holte ihn zurück. Aber auch danach wohnt er wieder im Kibbuz, bis er starb. Das Haus ist heute ein Museum, es ist so geblieben, wie die Ben-Gurions es zurückgelassen haben.
Wohnzimmer

Arbeitszimmer von David Ben Gurion

Weiter ging es dann Richtung Süden in den Negev, wo wir an beiden Tagen wandern waren.
Im Hostel angekommen wartete eine alte Bekannte auf uns. Angela, mit der ich in Wuppertal Hebräisch gelernt habe und die Johanna auch kannte, war zufällig gerade für ein paar Wochen als Volontärin in unserem Hostel (was übrigens super gut war: http://www.thegreenbackpackers.com/mitzperamon/). Wir wussten schon vorher, dass sie auch da sein wird, aber geplant war es nicht. Diese Deutschen sind einfach überall... Sie kam dann am zweiten Tag mit uns wandern.

Ich glaube, die Bilder der Wüste sprechen für sich.
Vielen Dank und bis bald ;-)

PS: Jetz hab ich das Wichtigste doch fast vergessen. "Regen in der Wüste" Ja, auch in der Wüste regnet es und wenn, dann auch gar nicht so wenig. Da wir nicht darauf vorbereitet waren, sind wir komplett nass geworden, aber dafür haben wir kleine Wasserfälle sehen dürfen. (die Bilder vom Wasser kommen noch nach)

Ausgespült vom Regen








Samstag, 5. Oktober 2013

übrigens: frohes Neues Jahr

Bevor ich zum Thema komme ein kurzer Werbeblock: Wer stets informiert werden möchte, wenn ich einen neuen Eintrag verfasst habe, der kann sich rechts auf dieser Seite in die Mailliste eintragen lassen. Man bekommt dann noch eine Mail mit einem Bestätigungslink, den man aufrufen muss und ist damit auch schon auf der Liste.

Frohes Neus Jahr. Zwar ist das Jahr schon  einen Monat alt, aber besser zu spät, als nie.
Ja, vor einem Monat war hier Neujahr. Neujahr (hebräisch: Rosch HaSchana) ist nach der Überlieferung der Geburtstag der Welt, die vor nunmehr 5774 Jahren geschaffen worden sein soll. Aber nicht, dass ihr denkt, dass wir nun den ersten Monat haben. Nein, das Jahr beginnt am 01.07. Komisch, ist aber so, der jüdische Kalender tickt etwas anders als der, den wir so kennen.
Unser Lehrer erklärte es uns in etwa so: Alles 7. hat im jüdische eine Bedeutung, also muss auch im 7. Monat etwas besonderes sein.
Der 7. Tag ist der Shabbat. Das 7. Jahr ist das Shabbatjahr, das Ruhejahr für die Felder. Und das 50. Jahr (7x7 +1) ist das Erlassjahr, an dem israelitische Sklaven freigelassen werden und jeder seinen ursprünglich von Gott zugeteilten Landbesitz zurückbekommt. Es ist die Möglichkeit neu anzufangen, frei zu sein, unabhängig seinen eigenen Landbesitz zu bestellen und seine Familie selbst versorgen zu können. So soll es u.a. nach 3. Mose 25 sein.
Das Erlassjahr erinnert außerdem daran, dass das Land einem eigentlich gar nicht selber gehört, sondern man es nur geliehen hat. Das Land, welches das Essen zum Leben hervorbringt gehört Gott. Übrigens gibt es heute eine Organisation, die sich danach benennt: erlassjahr.de (oder auf Wikipedia).

Ein paar Tage nach Neujahr war dann Jom Kippur, der große Veröhnungstag zwischen Gott und seinem Volk, an dem das Volk von den Verfehlungen des letzten Jahre befreit wird. Die Tage zwischen diesen beiden Festen werden genutzt, oder sollen genutzt werden, als eine Zeit in der man sich mit Freuden, Bekannten und Verwandten aussöhnt und wieder verträgt.
Am Jom Kippur liegt wirklich das ganze Land still. Kein Geschäft hat offen. Sogar die Bars unter unserer Wohnung hatten zu, was sie sonst nie haben. (Es war schon schön zu erleben, wie ruhig es sein kann.) So gut wie kein Auto fährt. Am ganzen Tag habe ich etwa 4 gesehen. Man kann auf der Hauptstraße mitten in Jerusalem spazieren gehen, mit dem Fahrrad über die Autobahn fahren, Kinder fahren mit Bobbycars die sonst vollen Straßen runter usw.
Mit diesem Hintergrund kann man sich den großen Schock vorstellen den es gab, als Israel 1973 genau an diesem Tag angegriffen wurde.
Am Jom Kippur gab es ursprünglich, nach biblischer Vorgabe, bestimmte Opfer und Riten, die getätig werden mussten. Heute ist das alles anders, da es schlicht keinen Tempel mehr gibt. Wie das sein kann, dazu vielleicht ein andern mal mehr.
Im Neuen Testament, u.a. im Hebräerbrief, wird der Jom Kippur aufgenommen. Ganz knapp gesagt spricht der Hebräerbrief im 9. und 10. Kapitel davon, dass diese immer wiederkehrenden, jährlichen Opfer und Riten durch den Tod Jesu ein für allemal beendet wurden und nichts weiteres mehr nötig ist, um Versöhnung zu schaffen.

Wiederum einige Tage später war das Laubhüttenfest, eines der 3 biblischen Wallfahrtsfeste (neben Pessach und dem Wochenfest). In den Tagen des Festes waren in der ganzen Stadt Hütten aufgestellt, denn orthodoxe Juden essen in dieser Zeit nur in solchen Hütten, die an die Zeit in der Wüste erinnern sollen, nachdem Gott sein Volk aus Ägypten befreit hatte. Viele haben eine eigene Hütte im Garten oder auf dem Dach und wohnen die Festtage darin.
An einem Abend waren wir bei Robert, jemand aus unserem Sprachkurs und seiner Familie eingeladen. In ihrer Hütte auf dem Dach aßen wir zusammen, tranken Wein, sangen und beteten. Es war sehr spannen das alles mitzubekommen. Seine Tochter, die auf irgendeine jüdische Schule geht, erklärte uns noch einiges und alle waren sehr daran interessiert warum wir im Land sind und am Christentum.
Spannend fand ich u.a., dass in den Essensgebeten, die alle festgelegt sind, Brot und Wein recht zentrale Rollen spielen, wie im Christentum ja auch. (-> Abendmahl)
Es gab super leckeres Essen und am Ende waren alle ziemlich glücklich über einen richtig schönen Abend. Robert lud uns ein an jedem Shabbat wieder zu kommen und bedankte sich sogar noch bei uns dafür, dass gerade wir als deutsche in diesem Land sind. Das findet er sehr wichtig und gut.

Es gibt noch 1000 spannende Dinge zu dieser Festzeit, aber zum Abschluss einfach noch ein paar Bilder. Bis bald.

leere Hauptstraße am Jom Kippur - links die Autos parken nur
Straßensperre vor Mea Shearim
auch unter unserem Haus passiert nichts

Hütten in der Jafo

"Hütte"-Dach direkt vor unserer Haustür

Hütte vorm Eingang zum Markt

Mittwoch, 4. September 2013

zu Besuch beim Rabbi

Mordechai und Henny Machlis - Wer einmal nach Jerusalem kommt, der sollte sich diese Namen merken. Wieso? Das will ich kurz von Anfang an erzählen.

Was macht man an einem Freitagabend in Jerusalem? Richtig, man geht zur Westmauer. Im Deutschen als Klagemauer bekannt, wobei ich gar nicht weiß, woher eigentlich dieser komische Name kommt. Im hebräischen heißt die Mauer einfach Westmauer (הכותל המערבי), was mir auch viel passender erscheint.
Johanna, Matze und ich sind also am Freitagabend zur Westmauer gegangen. Die Stimmung ist super. Es ist irgendwie schön zu beobachten, wie nach und nach vor allem Juden in schwarzen Mänteln, mit Hut zur Mauer kommen, um den Shabbat zu begrüßen, also zu beten, Gottesdienst zu feiern.
Neben dieser großen Gruppe an sor allem schwarz gekleideten Menschen gibt es aber auch andere die kommen. Z.B. eine Gruppe von Soldaten. Alle mit Kippa, mindestens einer mit Gewehr (was man hier häufiger sieht). Sie stehen im Kreis, singen und tanzen. Lieder, die hier jeder kennt. Lieder, die auch wir in unserem Sprachkurs lernen. Manchmal singen sie ganz einfache Liederzeilen, wie: "Volk Israel", und wiederholen diese zwei Wörter zig mal in irgendeiner Melodie. Irgendwann sieht es fast so aus, als ob sie pogen würden, was sie aber wohl nicht tun. Sie haben einfach Spaß und das sozusagen im Angesicht Gottes.
Aber die Überschrift dieses Artikels lautet anders, also zurück zum Thema.

"Zu Besuch beim Rabbi" Und bei was für einem. Seit mehr als 30 Jahren organisiert die Familie von Mordechai und Henny Machlis ein Shabbatessen. Öffentlich. Jeder kann kommen. Kostlenlos. Jede Woche.
Vielleicht kann man das Shabbatessen mit dem vergleichen, was früher in Deutschland der Sonntagsbraten war. Es gehört irgendwie dazu.
Matze, Johanna und ich fahren also mit unseren Fahrrädern, nachdem wir an der Mauer waren, Richtung Rabbi Wohnung. Judentumskennern (und Kennerinnen ;) fällt schon der erste Fehler auf: Wir fahren. Kein religiöser Jude würde am Shabbat fahren. Egal ob mit dem Auto, mit der Bahn oder mit dem Fahrrad. Fahren ist Arbeit. Auch das Fahren mit Bus oder Bahn, denn das braucht Elektrizität und diese aktiv zu nutzen ist religiösen Juden am Shabbat nicht erlaubt.
Wir stellen also unser Fahhrad vor dem Wohnviertel ab und laufen das letzte Stück.

Das Essen beginnt um 21:05h. (Warum um 5 nach weiß ich auch nicht.) Es sind etwa 80 Leute da. Mordechai begrüßt. Seine Frau sei gerade in den USA, wo die beiden übrigens ürsprünglich herkommen. Falls das Essen also heute nicht so gut sein sollte, liegt es daran. (Es war gut! Wie gut ist es wohl sonst???)
Das Essen wird gebracht. Man reicht es irgendwie über die Köpfe hinweg, denn durch die vielen Menschen kommt man kaum durch. Es gibt Salat, Humus, Brot. Lecker. Ich will nicht zu viel essen, will nicht unhöflich sein, auch wenn es schade ist um den Rest, der am Ende in den Müll kommt. Gut, denke ich mir, ich bin jetzt nicht papp-satt, aber es war super lecker und super gastfreundlich. Und es ist einfach nett hier.
Es wird gebetet, gesungen, geredet. Irgendwann kommt auf einmal der nächste Gang: Suppe mit Gemüse und Fleisch (!) - für alle, die noch nie hier warne: Fleisch ist unglaublich teuer, zumindest wenn man es mit Deutschland vergleicht, wo Fleisch und tierische Produkte allerdings sowieso unfassbar wenig  kosten. Und das war noch längst nicht alles. Hauptgang: Hähnchen(!)bollen mit Reis. Nachtisch: Kuchen und Kekse. Und ich hab nach dem Salat gedacht, dass das alles wäre...
Immer wieder wird gebetet und gesungen. Was genau? Keine Ahnung, so gut kann ich es leider nicht. Mordechai, der Rabbi ließt einen Text aus der Tora (den 5 Büchern Mose) und legt ihn aus. Alle die möchten, können auch noch etwas dazu beitragen. Nach und nach stehen Leute auf, erzählen Geschichten und teilen ihre Gedanken. Die meisten sind Amerikaner. Sowieso ist an diesem Abend gefühlt jeder zweite ein Amerikaner, der hier in Israel für ein Jahr zur Jeschiwa geht, einer Art jüdischen Bibelschule, könnte man sagen.
Mordechai nimmt alles auf und legt es sofort nochmal aus, korrigiert es vielleicht auch ein bisschen, sagt seine Gedanken dazu, entfaltet es.

Schimschon, ein orthodoxer Jude, der bei uns am Tisch sitzt und neben Hebräisch nur Jiddisch spricht, was z.T. ganz witzig ist, weil er viele deutsche Wörter kennt, läd uns noch in seine Synagoge ein und in seine Jeschiwa. Erstaunlicherwiese konnten Matze und ich uns mit ihm verständigen, obwohl es im Grunde nur auf Hebräisch ging, der Sprachkurs hilft wirklich was. (Johanna saß übrigens an einem anderen Tisch - Frauen und Männer getrennt.)
Es waren aber übrigens nicht nur religiöse Juden da, sondern auch säkulare Juden oder deutsche nicht-Juden, wie wir. Ganz nach dem Motto unter dem das Ganze steht: "There will be no more lonely people" (Da wird es keine einsamen Leute mehr geben.)

Am Ende sind wir gut gefüllt und machen uns auf den Weg nach Hause. Doch leider ist unser normaler Weg dicht.
Wie schon gesagt, religiöse Juden fahren am Shabbat nicht. Und besonders daran halten tut sich der Stadtteil Mea Shearim. Zu Shabbat Beginn werden die Straßen für Autos gesperrt. Und auch Fahrräder sind unerwünscht. Wir nehmen also einen Umweg.
Der Freitagabend in Israel ist übrigens wie der Samstagabend in Deutschland. Jedoch sind hier die Straßen fast ausgestorben. In Deutschland wäre es voll, zumindest vor den Kneipen, Restaurants und Discos. Aber die sind hier am Freitagabend, dem Beginn des Shabbat, alle dicht.

Alle? Nein, nicht alle. Eine kleine Gruppe von Kneipen hält tapfer dagegen. Nämlich unter Matzes und meiner Wohnung. Also, auch am Shabbat keine Ruhe. Aber zum Glück schlafe ich tief und fest.
Also: Gute Nacht. (Morgen, also heute, um 07:30h wollen wir auf den Tempelberg. Mal schaun, was die da so machen.)
Blick in den Hof unter unserer Wohnung an besagtem Abend.


PS: Wer Kontaktdaten braucht frage mich oder gucke hier: http://www.machlis.org/
Man braucht keine Anmeldung, nichts. Aber es lohnt sich anzurufen und zu fragen, wann es genau losgeht. (Etwa 2,5h nach Shabbatbeginn.)
Man kann das ganze auch mit Spenden unterstützen.

Samstag, 17. August 2013

Streifzüge aus drei Wochen Jerusalem

Schön, dass Sie oder Du auf diesem Blog bist.
Ab und zu werde ich hier Fotos und Texte hochladen zu den Dingen, die ich hier in Israel so erlebe. (Der Einfachheit halber mache ich das in der Du-Form.)
Drei Wochen bin ich nun schon hier.
"Was bisher geschah..." (Eine kleine Zusammenfassung, weil alles andere den Rahmen sprengen würde.)

Eine Woche mit Jana in Jerusalem
Am 28.07 gegen 00:00h sind Jana und ich auf dem Ben-Gurion Flughafen Tel-Aviv gelandet. Es war schon etwas spannend so ohne Visum nach Israel zu fliegen. Wie werden wohl die Beamten reagieren? Reicht Ihnen der Brief von der Uni? Werden wir rausgezogen und länger interviewt werden?
Wir waren also an der Reihe und gingen zum Schalter. Was wir hier machen würden. - Ich will studieren. [Und zeigte brav den Schrieb, den wir alle von der Uni hatten.]
Warum ich denn kein Visum hätte. - Das war nicht möglich, wegen des Streiks des israelischen Außenministeriums und somit auch aller Konsulate.
Ohne Visum ist das aber nicht möglich. - Ja ja, aber es ist alles mit der Uni abgesprochen und sie werden uns bei der Beantragung der Visa helfen.
Die Uni ist nicht die Regierung. - Ich weiß, aber es ging halt nicht anders.
Ich bekomme meinen Pass zurück und einen kleinen Zettel, den man bei der Einreise am Flughafen statt eines Stempels im Pass bekommt.

Am 29.07 kam dann eine ganze Gruppe von Leuten an, die mit mir im gleichen Programm sind (www.studium-in-israel.de), darunter auch Matze, mein Mitbewohner. Gemeinsam mit ein paar anderen sind Jana und ich in den nächsten Tagen durch Jerusalem und Umgebung getingelt.
(v.l.n.r.: Matze, ich, Johanna, Susanne)
Wir waren in der Altstadt, u.a. im Hiskia-Tunnel, einer Anlage, die der biblische König Hiskia hat bauen lassen, um die Gihonquelle in die Stadt hineinzuleiten. (u.a. 2. Könige 20,20; Johannes 9,7) Durch diesen Tunnel kann man laufen, was bestimmt 30 Minuten dauert und man bis zum Oberschenkel nass wird, sich ständig ducken muss und nicht nach rechts oder links ausweichen kann.

Wir waren in Taybeh, einem fast vollständig christlichen Dorf mitten im Westjordanland. Dort gab es ein paar Kirchen und vor allem eine Ruine, die wir uns anschauen konnten. Wir lernten einen Araber kennen, der aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage eigentlich in den USA als Taxifahrer arbeitet, um das Studium seiner Kinder zu finanzieren. Er war aber gerade auf Heimaturlaub.
Nachdem wir etwas unfassbar Leckeres zu Mittag gegessen hatten, kam es irgendwie noch dazu, dass uns ein Mann, der sogar etwas deutsch konnte, in dem kleinen Hausmuseum des Restaurants herumgeführt hat und uns etwas zu Geschichte von Taybeh erzählt hat. Neben den ganz interessanten Ausgrabungsstücken erzählte er u.a., dass Taybeh schon in der Bibel vorkommt. Es sei dort unter zwei Namen bekannt: Ofra (z.B. Richter 6,11) und Ephraim.
Ob das nun genau stimmt oder nicht, es ist schon abgefahren, mitten in diesem Gebirge zu stehen, dem biblischen Kernland Israels. Worauf sich ja auch die israelischen Siedler berufen...
Auf der Rückfahrt kamen wir im Bus noch mit ein paar Leuten ins Gespräch. Das scheint hier auf beiden Seiten der Mauer kein großes Problem zu sein. Immer, wenn wir bisher abends noch irgendwo in einer Kneipe oder so waren, haben wir irgendjemanden kennen gelernt, der sich zu uns gesellt hat.

Uni-Beginn
Nach einer Woche musste Jana dann jedoch wieder abreisen und einige Tage später begann für uns die Uni. Nachdem wir einen Aufsatz schreiben mussten, bin ich schließlich im 3. Kurs, dem Gimel-Kurs gelandet (Gimel ist der 3. Buchstabe des Alphabets). Ebenso auch die meisten anderen des Studienprogramms.
Die Kurse haben ein ziemlich straffes Programm, auch wenn die meisten von uns es sich noch schlimmer vorgestellt hatten. Das größte Problem dabei ist eindeutig, dass ich bisher fast nur für mich selbst gelernt habe. Die Grammatik ist kein Problem, aber das hören uns selbst reden ist schon  wirklich schwierig. Aber doch merkt man die Fortschritte, besonders beim Hören.

Archäologischer Park süd-westlich des Tempelberges
Wie schon erwähnt, bin ich nicht ganz auf eigene Faust in Israel, sonder mit dem Programm von Studium in Israel e.V. Unter anderem haben wir vor Ort unseren Studienleiter, Martin Vahrenhorst, der uns viel hilft und unser Begleitprogramm organisiert. Heute waren wir gemeinsam im archäologischen Park, wo man sich u.a. die Zeit des 2. Tempels, also des Tempels, der zurzeit Jesu existierte, genauer ansehen kann. Martin hat uns rumgeführt und uns viele interessante Dinge erzählt.
Es war wirklich spannend sich die Ausgrabung anzugucken und zu sehen bzw. erzählt zu bekommen, wie es dort damals abging.
An der westlichen Seite des Tempelberges. Gut zu erkennen der Weg. Rechts und links vom Weg waren Ladenlokale, wo Opfertiere und Anderes gekauft werden konnte. Der Schutthaufen etwas weiter hinten kommt vermutlich aus dem Jahr 70 n.Chr. (Tempelzerstörung) oder 135 (Bar-Kochbar-Aufstand). Es sind Steine, die bei der Zerstörung Jerusalems vom Tempelberg heruntergeworfen wurden.
Das rabbinische Judentum hat es übrigens in der folgenden Zeit sehr gut geschafft, dass sich die jüd. Religion nicht wieder auf einen möglichen dritten Tempel fixiert. Das Gebet und das Lesen von Schriften wurde deutlich zentraler, sodass ein neuer, dritter Tempel nicht mehr nötig war bzw. ist. Eine Religion ohne Tempelkult war in damaliger Zeit ein ziemliches Novum.


Soweit der 1. Eindruck. Ob der Inhalt der Links komplett richtig ist, weiß ich nicht. ;) Ich habe es nicht alles gelesen, aber vielleicht ist es ja ganz interessant.
Falls bei mir inhaltlich etwas falsch ist, teilt es mir gerne mit. Falls es Fragen oder Wünsche gibt, fragt und wünscht.
Bis bald, gute Nacht und שבת שלום (Shabbat Shalom - ~friedlichen Schabbat).