Samstag, 5. Oktober 2013

übrigens: frohes Neues Jahr

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Frohes Neus Jahr. Zwar ist das Jahr schon  einen Monat alt, aber besser zu spät, als nie.
Ja, vor einem Monat war hier Neujahr. Neujahr (hebräisch: Rosch HaSchana) ist nach der Überlieferung der Geburtstag der Welt, die vor nunmehr 5774 Jahren geschaffen worden sein soll. Aber nicht, dass ihr denkt, dass wir nun den ersten Monat haben. Nein, das Jahr beginnt am 01.07. Komisch, ist aber so, der jüdische Kalender tickt etwas anders als der, den wir so kennen.
Unser Lehrer erklärte es uns in etwa so: Alles 7. hat im jüdische eine Bedeutung, also muss auch im 7. Monat etwas besonderes sein.
Der 7. Tag ist der Shabbat. Das 7. Jahr ist das Shabbatjahr, das Ruhejahr für die Felder. Und das 50. Jahr (7x7 +1) ist das Erlassjahr, an dem israelitische Sklaven freigelassen werden und jeder seinen ursprünglich von Gott zugeteilten Landbesitz zurückbekommt. Es ist die Möglichkeit neu anzufangen, frei zu sein, unabhängig seinen eigenen Landbesitz zu bestellen und seine Familie selbst versorgen zu können. So soll es u.a. nach 3. Mose 25 sein.
Das Erlassjahr erinnert außerdem daran, dass das Land einem eigentlich gar nicht selber gehört, sondern man es nur geliehen hat. Das Land, welches das Essen zum Leben hervorbringt gehört Gott. Übrigens gibt es heute eine Organisation, die sich danach benennt: erlassjahr.de (oder auf Wikipedia).

Ein paar Tage nach Neujahr war dann Jom Kippur, der große Veröhnungstag zwischen Gott und seinem Volk, an dem das Volk von den Verfehlungen des letzten Jahre befreit wird. Die Tage zwischen diesen beiden Festen werden genutzt, oder sollen genutzt werden, als eine Zeit in der man sich mit Freuden, Bekannten und Verwandten aussöhnt und wieder verträgt.
Am Jom Kippur liegt wirklich das ganze Land still. Kein Geschäft hat offen. Sogar die Bars unter unserer Wohnung hatten zu, was sie sonst nie haben. (Es war schon schön zu erleben, wie ruhig es sein kann.) So gut wie kein Auto fährt. Am ganzen Tag habe ich etwa 4 gesehen. Man kann auf der Hauptstraße mitten in Jerusalem spazieren gehen, mit dem Fahrrad über die Autobahn fahren, Kinder fahren mit Bobbycars die sonst vollen Straßen runter usw.
Mit diesem Hintergrund kann man sich den großen Schock vorstellen den es gab, als Israel 1973 genau an diesem Tag angegriffen wurde.
Am Jom Kippur gab es ursprünglich, nach biblischer Vorgabe, bestimmte Opfer und Riten, die getätig werden mussten. Heute ist das alles anders, da es schlicht keinen Tempel mehr gibt. Wie das sein kann, dazu vielleicht ein andern mal mehr.
Im Neuen Testament, u.a. im Hebräerbrief, wird der Jom Kippur aufgenommen. Ganz knapp gesagt spricht der Hebräerbrief im 9. und 10. Kapitel davon, dass diese immer wiederkehrenden, jährlichen Opfer und Riten durch den Tod Jesu ein für allemal beendet wurden und nichts weiteres mehr nötig ist, um Versöhnung zu schaffen.

Wiederum einige Tage später war das Laubhüttenfest, eines der 3 biblischen Wallfahrtsfeste (neben Pessach und dem Wochenfest). In den Tagen des Festes waren in der ganzen Stadt Hütten aufgestellt, denn orthodoxe Juden essen in dieser Zeit nur in solchen Hütten, die an die Zeit in der Wüste erinnern sollen, nachdem Gott sein Volk aus Ägypten befreit hatte. Viele haben eine eigene Hütte im Garten oder auf dem Dach und wohnen die Festtage darin.
An einem Abend waren wir bei Robert, jemand aus unserem Sprachkurs und seiner Familie eingeladen. In ihrer Hütte auf dem Dach aßen wir zusammen, tranken Wein, sangen und beteten. Es war sehr spannen das alles mitzubekommen. Seine Tochter, die auf irgendeine jüdische Schule geht, erklärte uns noch einiges und alle waren sehr daran interessiert warum wir im Land sind und am Christentum.
Spannend fand ich u.a., dass in den Essensgebeten, die alle festgelegt sind, Brot und Wein recht zentrale Rollen spielen, wie im Christentum ja auch. (-> Abendmahl)
Es gab super leckeres Essen und am Ende waren alle ziemlich glücklich über einen richtig schönen Abend. Robert lud uns ein an jedem Shabbat wieder zu kommen und bedankte sich sogar noch bei uns dafür, dass gerade wir als deutsche in diesem Land sind. Das findet er sehr wichtig und gut.

Es gibt noch 1000 spannende Dinge zu dieser Festzeit, aber zum Abschluss einfach noch ein paar Bilder. Bis bald.

leere Hauptstraße am Jom Kippur - links die Autos parken nur
Straßensperre vor Mea Shearim
auch unter unserem Haus passiert nichts

Hütten in der Jafo

"Hütte"-Dach direkt vor unserer Haustür

Hütte vorm Eingang zum Markt