hallo ihr,
heute gebe ich einfach mal meinen Zwischenbericht zum Besten, den ich für meinen Stipendiengeber verfasst habe. (http://info.brot-fuer-die-welt.de/stipendienprogramm/stipendien-fuer-auslaendische)
„Und
auf welcher Sprache sind deine Vorlesungen?“
Diese
Frage wurde mir schon manches Mal gestellt, nachdem ich erzählt habe, dass ich
für ein Jahr an der Hebrew University Jerusalem studiere. Die Antwort
„Hebräisch“ löst immer wieder ein wenig Erstaunen aus, da viele davon ausgehen,
dass meine Vorlesungen und Seminare auf Englisch seien.
Nachdem
der Sommerulpan Anfang Oktober abgeschlossen war, begann kurze Zeit später das
erste Semester, in dem ich weiterhin einen Sprachkurs besuchte. Die ersten
Vorlesungen und Seminare begannen und schnell merkte man, dass das eigene
Verstehen stark vom Gegenüber abhängt. Verstand man im vorigen Ulpan noch fast
alles, merkte man spätestens jetzt, dass die dort verwendete Sprache stark auf
unser Niveau abgestimmt war. Im richtigen Universitätsalltag war und ist dies
natürlich anders. Manche Dozenten sprechen sehr schnell, manche langsam, manche
benutzen viele einfache Vokabeln, manche viele schwierige. Immer noch verstehe
ich in den Kursen nicht jedes Detail, doch ich merke immer wieder wie sehr sich
mein Sprachvermögen seit dem Beginn des Semesters bereits verbessert hat.
Aber nicht nur in den Hörsälen
braucht die Sprachfertigkeit Übung, sondern auch bei den normalen Gesprächen
auf der Straße, mit den Sprach-Tandem-Partnern oder mit den Kommilitonen in der
Uni. Es ist nicht immer einfach auszudrücken, was man meint und zu verstehen, was
das Gegenüber antwortet. Ich merke, dass die Sprache immer noch eine Barriere
für mich darstellt, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Leider wechseln
die Gesprächspartner oftmals schnell ins Englische, wenn sie merken, dass
Hebräisch nicht die Muttersprache ist, was das Üben natürlich nicht einfacher
macht. Doch andererseits ist es auch schön zu merken, wenn man dann doch ins
Gespräch kommt und sich über eine Stunde lang auf Hebräisch nicht nur über den
alltäglichen Smalltalk, sondern auch über Studieninhalte und andere Themen
unterhalten kann.
Eine andere Erfahrung, die auch mit
dem Sprachvermögen zusammenhängt, ist es zu merken, was es heißt Fremder,
Ausländer an einem Ort zu sein. Schnell kommt man in die „Gefahr“ vor allem mit
Menschen etwas zu unternehmen, die die eigene Muttersprache können, da dies
schlicht und ergreifend bequemer und angenehmer ist. Dadurch ergibt sich jedoch
leider die Konsequenz, dass man weniger Zeit hat um etwas mit den Einheimischen
zu unternehmen. Dabei hemmt immer wieder, wie oben bereits angemerkt, die
unterschiedliche Sprachbasis Begegnungen. Auf Deutsch kann man deutlich einfacher
sagen, was man möchte, was und wie man politisch und religiös denkt usw. Ich
merke, wie schwierig es sein kann sich intensiv in eine Gesellschaft hineinzubegeben,
wenn man auch die Möglichkeit hat in dem Gewohnten zu bleiben. Es ist immer
wieder eine Herausforderung sich aus dem Gemütlichen zu begeben und auf das
zuzugehen, womit man sich eigentlich gerne noch viel mehr beschäftigen möchte. Und
ich stelle fest, wie hilfreich es ist und dass ich dankbar dafür bin, wenn
Menschen auf mich zukommen, mich ansprechen und wir ins Gespräch kommen. Es ist
gut diese Erfahrung des Fremd-Seins zu machen und sie erinnert mich immer
wieder an den Bibelvers aus Levitikus 19,33-34: „Wenn ein
Fremdling bei euch wohnt in eurem Lande, den sollt ihr nicht bedrücken. Er soll
bei euch wohnen wie ein Einheimischer unter euch, und du sollst ihn lieben wie
dich selbst; denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen in Ägyptenland. Ich bin der
HERR, euer Gott.“ Es fordert mich heraus mich selbst zu fragen, wie ich auf
Fremde zugehe, in Kontexten, in denen ich der Einheimische bin.
Ist man im Land der Bibel
unterwegs trifft man natürlich auch auf die unterschiedlichsten jüdischen und
christlichen Strömungen. Von Orthodox über Katholisch, Lutherisch, Anglikanisch,
Messianisch, Charismatisch usw. trifft man hier auf jegliches christliches
Milieu. Je nach Kontext erlebt man unterschiedliche theologische Auslegungen
und damit verbunden auch politische Überzeugungen. Es gibt die absoluten
Verteidiger Israels, es gibt die absoluten Ablehner Israels. Es gibt die einen,
die die Judenmission als wichtiges Ziel ansehen, es gibt die anderen, die sie
völlig ablehnen. Manche kommen aus diesem Land, wie die arabischen Christen
oder die messianischen Juden, viele andere sind zugewandert, wie die griechischen,
äthiopischen oder chinesischen Mönche und Nonnen. Will man andere Christen
kennen lernen hat man die Qual der Wahl. Ich war in anglikanischen,
lutherischen, arabischen, armenischen, charismatischen, katholischen und
messianischen Gottesdiensten (wobei sich manche dieser Kategorien auch
überschneiden) und durfte dabei auch Mitglieder dieser Gemeinden kennen lernen,
was ich immer wieder als Schatz und Reichtum erlebe. Doch das Gefühl sie
ausschöpfend kennen gelernt zu haben besteht noch lange nicht.
So freue ich mich auf ein
weiteres halbes Jahr hier in Jerusalem, auf ein neues Semester im
Universitätsalltag, auf interessante Abende und Exkursionen mit dem Programm
von Studium-in-Israel e.V. und hoffentlich viele weitere Begegnungen mit den
unterschiedlichen Menschen hier vor Ort.
Wie schön, lieber Birger, wieder ein bisschen mehr von Dir zu lesen. Danke, dass Du uns, dass Du mich teilnehmen lässt an einigen Deiner Erlebnisse.
AntwortenLöschenSei Gott befohlen und weiterhin viele gute Erfahrungen und Begegnungen.
Liebe Grüße
Nenne